Den Auftakt zu unserer neuen Reihe der Solidaritätstalks hat der Solidaritätsexerte Dr. Florian Brugger ( Uni Graz & Studienautor des Solidaritätsbarometer) am 14.05.2020 gemacht. Einige der Key-Insights aus dem Gespräch sind in diesem Beitrag zusammengefasst.
Solidarität im wissenschaftlichen Kontext ist eine Hilfeleistung einer Person gegenüber einer Anderen, häufig ist dies verbunden mit dem Zugehörigkeitsgedanken zu gewissen Gruppen, oder Gesellschaften. Wie notwendig der Aspekt der Freiwilligkeit hierbei ist, sind sich die wissenschaftlichen Definitionen jedoch etwas uneinig.
In „Krisensituationen“ tritt Solidarität häufig wellenartig auf. Es gibt eine sehr große Bereitschaft der Menschen anderen in Notsituationen zu helfen. Solidarische Handlungen haben oftmals eine Art „Event-Charakter“, wo diese verstärkt und gebündelt auftreten. Um ein aktuelles Beispiel anzuführen: die Solidarisierungs-Demos zum #Icantbreathe.
Menschen die sich solidarisch zeigen erwarten üblicherweise keine individuelle Gegenleistung. Jedoch wird eine positive kollektive Antwort angenommen; anders ausgedrückt ein positiver Domino-Effekt. Wurde einer Person einmal geholfen gehen wir als Gesellschaft davon aus, dass diese (geholfene) Person bei in einer möglichen künftigen Situation einer anderen (bedürftigen) Person helfen würde, da es ihr damals ebenso erging. Die Gesellschaft tritt insofern als Regulativ auf.
Aus empirischer Analyse zeigt sich, dass besonders solidarische Gesellschaften häufig autoritär geführt werden. Dem solidarischen „WIR“ steht im Regelfall ein „IHR“ gegenüber, was zum Ausschluss gewisser Personengruppen führt. Insofern schlägt sich der oftmals romantisierte Begriff der Solidarität mit der Vorstellung der Gleichheit. Das Verständnis zum Begriff der Solidarität ist also durchaus ambivalent – man kann kaum mit allem solidarisch sein. Solidarische Handlungen, bzw. die Auslebung und Bereitschaft solche aufzuzeigen sind meist stärker, je näher das Personenumfeld im Bezug zu einem selbst steht und nimmt mit der gefühlten Distanz immer weiter ab. Anders ausgedrückt – die Solidarisierung mit der Kernfamilie und Gruppen, zu denen der eigene Bezug sehr eng und stark ist fällt uns üblicherweise leichter als mit gänzlich fremden Menschen und Situationen.
In Österreich besonders häufig gezeigte solidarische Handlungen sind Spenden – über 90% der Befragten gaben an im letzten Jahr gespendet zu haben und über 30% engagieren sich ehrenamtlich. Kaum ein Individuum würde sich als unsolidarisch bezeichnen. Empirische Erhebungen zur Frage „wie solidarisch waren Sie im letzten Jahr?“ sind aus diversen Gründen kaum messbar, genannte solidarische Handlungen sind jedoch für eine Erhebung quantifizierbar.
Das ganze Interview kannst Du hier ansehen: